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Einende Spiritualität

Sonntag, 10. August 2025


Es gibt die institutionalisierten Religionen und es gibt in jeder eine oder auch mehrere spirituelle Ausrichtungen. Worin liegt der Unterschied?

Die institutionalisierten Religionen folgen einem mehr oder weniger stark festgelegten Regelwerk. So gibt es z.B. in der Katholischen Kirche einen Katechismus, eine Glaubenslehre, die über die Jahrhunderte hinweg zwar immer wieder überarbeitet und ergänzt wurde, aber doch so etwas wie ein stabiles Glaubensgerüst darstellt.

Solch festgelegte Regelwerke der einzelnen Religionen verdeutlichen – und das ist auch u.a. ihre Intention –, dass sie sich in Form und Inhalt voneinander unterscheiden. Diese erklärten Unterschiede sorgen bis heute für (kriegerische) Auseinandersetzungen untereinander, wie wir z.B. in Nahost sehen können. Wer hat den rechten Glauben, welcher Anspruch erwächst daraus, wer verfolgt die richtigen Ziele? Fragen wie diese spalten, trennen, wollen recht behalten und laufen damit aus Sicht der Spiritualität am Wesentlichen vorbei: dem Einssein von allem, was ist.

Hierzulande ist die Zeit der Religionskriege vorüber; man redet viel miteinander, aber echte Fortschritte in der Kommunikation um der Sache willen sind nicht so recht zu erkennen. Diskussionen um die äußere Form dominieren das, um was es im Innen geht. Wenn es ans Eingemachte geht, ist keine Partei so wirklich bereit, Zugeständnisse zu machen. Das ist Ego-Denke pur, und wir dürfen uns alle die ehrliche Frage stellen, ob wir uns in unseren Lebensbereichen so viel anders verhalten. Wir sind alle in weiten Teilen immer noch geprägt vom Ego-Denksystem, das ich so häufig ins Spiel bringe. Unsere Ich-Zentrierung, die uns alles aus unserer Perspektive sehen und als richtig empfinden lässt, führt uns wieder und wieder ins einseitige Recht-Haben-Wollen und lässt ein wirklich gleichberechtigtes Nebeneinander (und damit meine ich kein bloßes Dulden) von was auch immer (einer Glaubenslehre, einer politischen Ausrichtung, einer Lebensphilosophie etc.) kaum zu.

Der spirituelle Mensch verfolgt einen anderen Ansatz. Er schaut komplett über die äußere Form, über alle Unterschiede hinweg in das Innere und findet dort in allem und allen dasselbe vor: die EINE göttliche Essenz (welchen Namen sie auch immer tragen mag) – jenseits aller Religionen. In der Tat ist diese nicht durch das einseitige Studieren von Regelwerken oder Heiligen Schriften zu entdecken (insofern ist die Überbetonung des „Wortes“ in der christlichen Lehre m.E. irreführend), sondern gleichermaßen in der hingebungsvollen Erfahrung, in der tiefen, stillen Begegnung mit eben dieser Essenz. Aus der Tiefe dieses göttlichen Seinszustands resultiert schließlich unser Erkennen, unser Wirken in dieser Welt.

So verwundert es nicht, dass sich die spirituellen Stränge aller Religionen ziemlich einig sind – ganz anders als ihre zugehörigen institutionalisierten Religionen. Der Bewusstseinsexperte Ken Wilber sagt dazu sogar, dass sie sich viel ähnlicher sind, als z.B. ein spiritueller und ein orthodoxer Mensch der gleichen Religion. (Hier sind nach Wilbers Modell die Bewusstseinsstufen von GELB aufwärts gemeint.)

Ich denke, dass wirklich und wahrhaftig Suchende der Jetztzeit zutiefst ermüdet von oberflächlichem, wichtigtuerischem Gezanke um die Form sind, weswegen u.a. die Kirchen zunehmend Mitglieder verlieren, während spirituelle Angebote Zulauf finden. Die Sehnsucht nach etwas Bleibendem, etwas zutiefst Froh-Machendem, etwas überaus Befriedigendem, ja auch nach etwas Einendem ist spürbar und möchte genährt werden.

So nehme ich spirituelle Meister wie Jesus und Buddha wahr. Sie waren wie andere auch zunächst in ihre gesellschaftlichen und religiösen Kontexte eingebettet, bemerkten jedoch die ihnen innewohnende Leere, die Oberflächlichkeit von Regelwerken und fehlende Sinnhaftigkeit in ihren Angeboten. Und: Sie sind tiefer gegangen, unter die Oberfläche, haben hinter die Form geschaut. Aber sie haben nicht nur unter die Oberfläche ihrer Traditionen geschaut, sie haben auch die Oberfläche des einzelnen Menschen, ihre eigene Oberfläche als das, was sie ist, wahrgenommen: als Schichten von leidvollen Ego-Denk- und Verhaltensmustern, die die Essenz dessen, was wir sind, offensichtlich erfolgreich verbergen. Und sie sind selber durch diesen bewussten Prozess des Abtragens von Schichten hindurchgegangen. Das ist das, was unter „Erwachen“ zu verstehen ist. So werden in der spirituellen Sprache für eben diesen Zustand des Erwacht-Seins die Begriffe „Christus-Bewusstsein“ oder „Buddha-Natur“ verwendet. In diesem Kontext ist hier Ähnliches gemeint, es geht immer um den gleichen Prozess der Bewusstwerdung. Und wenn uns die aufgestiegenen Meister oder Engelwesen Botschaften übermitteln, dann in dem gemeinsamen Bestreben, uns in größter Liebe und Achtung zu helfen, zu unterstützen, unsere Ego-Schichten zu erkennen und Stück für Stück abzutragen.

Wir alle treffen uns in unserem EINEN großen SELBST der Liebe Gottes.


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