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Shaolin Meister (1)
Sonntag, 17. August 2025
Vor einiger Zeit bin ich durch die Algorithmen des Internets über sehr interessante Interview-Podcasts mit Shi Heng Yi, dem leitenden Meister des Shaolin-Tempels hier in Europa, gestolpert; eine gute Gelegenheit, verstärkter in das buddhistische Denken hineinzuschnuppern. Genauer vorstellen möchte ich euch die Eckpunkte eines Interviews mit Laura Malina Seiler:
Shi Heng Yi rät aus eigener Klosterpraxis heraus, den Morgen routinemäßig langsam und bedächtig zu beginnen. Ein großes Glas warmen Wassers helfe, den Körper allmählich auf die gewohnte Temperatur zu bringen; auch der Geist möchte erwärmt, fokussiert und damit auf den Tag vorbereitet werden, z.B. durch eine kleine meditative Einheit.
Wie beginnst du deinen Tag? Nimmst du dir ausreichend Zeit, gut in ihm anzukommen?
Um gut durch den Alltag zu kommen, gebe es, so der Meister, keinen anderen Weg als den spirituellen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, uns in der Welt zu verlieren.
Bedingt durch die zahlreichen Begegnungen im Laufe eines Tages stehen wir für gewöhnlich ständig unter dem Einfluss von Fremdenergien. Hier gelte es zunächst zu unterscheiden: Welche Energie ist die meine, welche kommt von außen? Um eine solche Unterscheidung überhaupt wahrnehmen zu können, muss ich mich in einem Prozess der Übung mit meinen eigenen Energien vertraut machen. Wie fühlt sich Zorn in mir an, wie Trauer, Eifersucht oder Freude etc., so dass ich zu jeder Zeit achtsam und bewusst meinen eigenen Zustand benennen kann. Und auf der Basis dessen bin ich dann in der Lage, die Energien meines Gegenübers differenziert wahrzunehmen: Das ist mein Gefühlszustand und das ist deiner – so ist es mir nach dem Kontakt möglich, die Energien meines Gegenübers zurückzulassen und wieder ganz bei mir anzukommen.
Kannst du deine eigenen Energien spüren, Unterschiede in den Energiezuständen benennen?
Nimmst du wahr, wenn dich Fremdenergien zu lange besetzen?
Nach Herausforderungen in seinem Leben befragt, antwortet Shi Heng Yi, er habe einen langen Entwicklungsprozess hinter sich bezüglich seines starken Wunsches nach Harmonie und Gerechtigkeit einerseits und dem Neid, ja auch dem Hass, der ihm immer mal wieder entgegengebracht werde, andererseits. Wo viel Licht ist, da ist auch viel Schatten, heißt es. Er müsse damit klarkommen, dass er es nicht jedem recht machen könne. Vielen Menschen fehle es an Lebenseinsicht, an der Sicht auf das große Ganze. Erst im persönlichen Vorankommen werde der eigene Geist größer, weiter und damit auch die Sicht auf die Welt zusammenhängender. Die Einheit schimmere immer mehr durch.
Bist du an deiner persönlichen Entwicklung interessiert? Nimmst du mit Freude wahr, wenn sich dein Blick weitet?
Neben seinen Eltern, seiner Familie sieht sich der Meister in besonderer Weise geprägt durch seine Kung-Fu-Lehrer, die ihr Wissen und ihre Erfahrung aus dem Bereich der Kampfkünste an ihn weitergegeben haben. Für ihn ist es ein klares Prinzip des Ausgleichs, all das zurückzugeben, was er einst von seinen Lehrern und Vorbildern bekommen hat.
Kannst du in Dankbarkeit und Achtung auf die Menschen schauen, die dich in besonderer Weise geprägt haben?
Die Kampfkünste seien eng mit dem verwoben, was im Alltag an Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich ist, fährt Shi Heng Yi fort. Ohne Mühe und Entschlossenheit gebe es keine Ergebnisse. Dazu gehöre immer wieder auch das Verlassen der Komfortzone, also das Erweitern der persönlichen Grenzen, das zur Entfaltung des uns innewohnenden Potenzials führt. Und wenn wir uns von der Ich-Illusion lösen, dass es im Leben um uns als Person gehe, wenn wir stattdessen das große Ganze im Blick haben, laufen wir, so Shi Heng Yi, auch nicht Gefahr, uns zu überfordern. Wir sind nicht das Zentrum des Universums; wir sind nicht das, wofür wir uns halten.
Kannst du Disziplin und Entschlossenheit aufbringen, wenn dir etwas wichtig ist?
Ist es dir möglich, deine Ich-Perspektive zu transzendieren und dich als Teil des großen Ganzen wahrzunehmen?
Shi Heng Yi erklärt weiter, er habe mehrere Berater-Stimmen in sich. Die erste Stimme, die stets spreche, sei die Ego-Stimme des Verstandes, die sich auf Wissen und Erfahrungen von Vergangenem beruft. Sie wägt stets Vor- und Nachteile ab; neue Lösungsansätze sind von dieser Stimme nicht zu erwarten. Dann gebe es z.B. aber auch die Herzensstimme, die Verbundenheit und Liebe wahrnimmt, die - ohne den Verstand einschalten zu müssen - intuitiv weiß, was zu tun ist.
So ergebe sich, fasst der Meister zusammen, ein multiperspektivisches Bild einer komplexen Situation, das er für sein Handeln zugrundelege.
Wie kommst du zu deinen Entscheidungen? Darf sich die Stimme deines Herzens dabei auch zu Wort melden?
Grenzen erkenne er über seine eigene Körperwahrnehmung. Sein Körper zeige ihm, wann es zu viel sei. Auch sein Mentor helfe ihm, sich besser einzuschätzen.
Wie ist es um deine Körperwahrnehmung bestellt? Erkennst du, wenn du aus der Balance gerätst und dein Körper dir anzeigt, einen Schritt zurückzutreten?
Im zweiten Teil des Interviews wird es um unsere Schöpferkraft, unsere Visionen gehen. Lebst du von der Vergangenheit her, speist sich dein heutiger und dein morgiger Tag aus den Erfahrungen und den Denk- und Handlungsmustern des gestrigen? Oder geschieht es immer öfter, dass du dich führen lässt, dass sich dein Schöpfungspotenzial im heiligen Moment der Gegenwart immer wieder neu offenbart?
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